Wie simuliert man einen Tunnelbrand? Am besten ohne Zwischenfälle – so wie bei der Feuerschutz-Übung des A-7-Deckels in Hamburg-Schnelsen. Ein Besuch bei einer rauchigen Übung.
„Es besteht Lebensgefahr. Folgen Sie den Fluchtwegezeichen.“ Die Stimme einer Frau hallt durch den leeren Tunnel, extrem langsam und tönern klingen ihre Worte. Gespenstisch klingt es. Aber sie ist überlaut und deutlich zu hören – und unter anderem darum geht es heute Abend. Die Durchsage ist Teil der Brandschutzprüfung des erstens Abschnitts des Autobahn-7-Deckels in Hamburg-Schnelsen. Was noch bei dem sogenannten Heißbrandversuch getestet wird: Ob die Brandmeldekabel und die Videoanlage innerhalb von 15 Sekunden das Feuer lokalisieren, die Verkehrszeichen umschalten und die unterschiedlichen Beleuchtungen automatisch auf hundert Prozent hochgefahren werden. Das funktioniert offenbar tadellos. Taghell wird es in dem Tunnel, nachdem ein Mitarbeiter einer Leipziger Spezialfirma drei große Wannen mit einem Gemisch aus Benzin und Diesel anzündet hat, um einen Brand zu simulieren. Schwarzer Qualm quillt in fettigen Schwaden aus den Schalen empor und steigt zur Tunneldecke. Dann verrichten die „bananenförmigen Strahlventilatoren“, kurz Banana-Jets genannt, ihren Dienst. Mit einer Geschwindigkeit von sechs Metern pro Sekunde soll der Rauch mit dem Belüftungs-System aus dem Tunnel befördert werden. Auch das funktioniert, obwohl die Wetterbedingungen an diesem Abend alles andere als ideal sind, weil der Wind stark weht. Eine Böe im falschen Moment – und der giftige Rauch würde nicht vorgesehen abziehen. Doch alles geht gut. Überhaupt funktioniert alles so reibungslos, dass man den immensen Aufwand hinter dem Test kaum wahrnimmt – von den enormen Ausmaßen der Baustelle ganz zu schweigen.
Immerhin ist dies ein Teilabschnitt der größten Autobahnbaustelle Deutschlands. Auf einer 75 Kilometer langen Strecke wird die A 7 zwischen dem Hamburger Elbtunnel und dem Dreieck Bordesholm ausgebaut. Zudem handelt es sich beim dem Bereich Stellingen und Schnelsen um die meistbefahrenste Strecke der A 7. Etwa 155.000 Fahrzeuge rauschen hier pro Tag durch. Die Tendenz ist steigend, der Lärm eine Belastung, also wurden der Ausbau auch dafür genutzt, um in Altona, Stellingen und Schnelsen die Autobahn zu überdeckeln. Das Ergebnis: drei lange Tunnel. Der Abschnitt in Schnelsen, in dem es heute brennt, ist 560 Meter lang.
Nachdem die Flammen in den Schalen von allein erloschen sind, scheinen alle Beteiligten mit dem Ergebnis zufrieden zu sein. So sagt Christian Sellheim, Oberbauleiter Betriebstechnik: „Ob das Zusammenspiel bei einem Brandversuch unter realistischen Bedingungen klappt, weiß man vorher nicht. Dazu kommen Faktoren, die Einfluss auf solche Brandszenarien nehmen, wie zum Beispiel der heutige Sturm – da bleibt es auch für uns bis zum Schluss spannend. Doch es hat alles besser geklappt als erwartet und die Systeme haben weit schneller reagiert als gefordert.“ Der Grund, warum die Lautsprecher-Dame so gruselig langsam ihren Text aufsagt, ist übrigens, dass der Autofahrer sie auch verstehen muss, wenn er mit 80 km/h in den verrauchten Tunnel rauscht. Kein schöner Gedanke – und spätestens in diesem Moment weiß man die scheinbare Mühelosigkeit der Brandschutz-Übung an diesem Abend umso mehr zu schätzen.
Autorin: Wiebke Brauer
Bilder: Dennis Williamson