Voraussichtlich im ersten Halbjahr soll eine Verordnung E-Roller im Straßenverkehr legalisieren. In Hamburg stehen Hersteller und Vermieter bereits in den Startlöchern.
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Nirgends in Hamburg ist das Zukünftige greifbarer als in der Hafencity. Baugruben und erste Straßen in Richtung Elbbrücken lassen erahnen, wie Hamburg wachsen und sich wandeln wird. Dabei ist auch die Frage nach der Mobilität allgegenwärtig. So ist es wenig verwunderlich, dass gleich zwei Firmen in der näheren Umgebung eine Revolution im Straßenverkehr planen.
Versteckt hinter einer riesigen Lagerhalle stehen zwei schmucklose Container, die gleichzeitig Werkstatt und Firmenzentrale eines jungen Startups sind. Dessen Gründer Oliver Risse sitzt an einem Besprechungstisch. Das, woran er arbeitet, ist in Deutschland illegal – jedenfalls aktuell. Floatility möchte kleine Miet-Elektroroller in Hamburg auf die Straße stellen. Mit ihnen sollen unkompliziert kürzere Wege bequem und ohne Kraftanstrengung überwunden werden. Eine entsprechende App gibt es bereits, ebenso die passenden Elektrokleinstfahrzeuge, wie der Gesetzgeber sie in einem Entwurf sperrig getauft hat. Doch Fahrten außerhalb des Firmengeländes sind tabu: „Wir sind bereit, aber die rechtliche Grundlage fehlt“, erklärt Risse.
Blick in die Floatility-Container:
Das zu ändern, ist seit fast acht Jahren das Ziel der Firma Walberg Urban Electrics in der Speicherstadt. Ihr Chef, Florian Walberg, betreibt seit 2011 Lobbyarbeit auf EU-Ebene. Denn das Hamburger Unternehmen möchte seine unterschiedlichen E-Roller in großem Stil auch hierzulande verkaufen. „In vielen Nachbarstaaten ist das kein Problem: Österreich, die Schweiz, Finnland und Spanien haben die E-Roller einfach unter den Fahrrädern einsortiert. Nur hier muss wieder alles kompliziert laufen“, fasst Walberg die Situation zusammen. Allerdings ist jetzt eine Zulassung in Sicht – wenn auch voraussichtlich mit Versicherungskennzeichen.
Auch weiter oben im Norden ist der Entwurf für die Verordnung Thema: In Kiel beobachtet der Elektrorollerhersteller Scuddy die Entwicklungen aufmerksam. Das Unternehmen verkauft bereits seit 2012 diverse Modelle und hat sich dabei an die jetzt geltende Gesetzeslage angepasst. Bis zu 45 km/h sind die komplett in Deutschland hergestellten Roller schnell. Für sie gelten dieselben Voraussetzungen wie für Mofas – inklusive technischer Ausstattung, Führerschein- und Helmpflicht sowie Versicherungskennzeichen. Dafür sind sie bereits jetzt legal im Straßenverkehr nutzbar, klappbar und dürfen kostenlos im öffentlichen Nahverkehr mitgenommen werden. Sollte sich im Bereich der Elektrokleinstfahrzeuge eine Neuerung ergeben, wird man auch bei Scuddy darauf eingehen. Die Entwicklung eines entsprechend modifizierten Modells läuft bereits.
Der Norden ist im Bereich E-Roller also gut aufgestellt. Deutschlandweit ist die Zahl der Hersteller sehr überschaubar, hauptsächlich sind Importeure unterwegs. Das liegt nicht zuletzt an der fehlenden rechtlichen Grundlage.
Die E-Roller haben das Zeug, die Mobilität in der Stadt zu verändern. Auf der einen Seite steht die Hoffnung, die berühmte „letzte Meile“ zwischen Bus- und Bahnstation staufrei, schnell und bequem zu überwinden und so Menschen zum Umstieg zu bewegen. Auf der anderen Seite fürchten Fußgänger und Radfahrer Konkurrenz und gefährliche Situationen durch die neuen Verkehrsteilnehmer. Zudem häufen sich Unfallberichte aus anderen Ländern. Das wissen auch die Macher von Floatility: „Wir appellieren ganz klar an unsere Mieter, Rücksicht zu nehmen. Egal ob bei der Fahrt oder beim Abstellen“, sagt Oliver Risse. Auch Florian Walberg kennt die Bedenken: „Natürlich wird es bei der Einführungen Konflikte um die Platzverteilung in der Stadt geben. Wie immer im Straßenverkehr geht es nur mit gegenseitiger Rücksicht. Und es ist völlig klar, dass wir besonders in Hamburg noch mehr und bessere Radwege benötigen. Letztlich wird so auch die Position der Fahrradfahrer gestärkt.“
So sehen die E-Roller von Floatility, Walberg Urban Electrics und Scuddy aus:
Wie sich die E-Roller nach der Legalisierung auf den täglichen Verkehr auswirken, wird in Hamburg nach der Verordnung schnell sichtbar sein. Beispielsweise in der wachsenden Zukunftswerkstatt HafenCity, wo Firmen ungeduldig darauf warten, loslegen zu können.
E-Roller – Das plant der Gesetzgeber
Im jüngsten der Redaktion bekannten Entwurf für die Verordnung zu Elektrokleinstfahrzeuge sind unter anderem eine Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h und ein Versicherungskennzeichen vorgesehen. Gefahren werden soll bis 12 km/h auf dem Gehsteig, bis 20 km/h auf dem Fahrradweg oder der Straße. Technisch sind unter anderem zwei voneinander unabhängige Bremsen, ein Vorder- ein Rück- und ein Bremslicht vorgesehen. Eine Helmpflicht besteht nicht. Die endgültigen Vorgaben können sich noch ändern.
Autor: Hans Pieper
Fotos:
Titelbild: Walberg Urban Electrics
Porträt Florian Walberg: Walberg Urban Electrics
Bild Scuddy vor Zug: Scuddy
Bilder zweite Bildergalerie:
Bild 2 Floatility Ausleihvorgang: Floatility
Bilder 3+4: Scuddy
Bilder 5+6: Walberg Urban Electrics
Alle übrigen Bilder: Gulliver Theis