Auf dem Weg in den Urlaub passieren Hunderttausende den Elbtunnel. Dabei bleiben sie keine Sekunde unbeobachtet. Ein Blick in die Leitstelle.
Montagmorgen, auf der A7 zwischen Waltershof und Othmarschen: Im Sekundentakt fahren Lastwagen und Autos in den Elbtunnel und wieder hinaus. Kameras übertragen jede Bewegung in die Tunnelbetriebszentrale nahe der Auffahrt Othmarschen.
Ein blauer LKW mit Anhänger erscheint auf einem Bildschirm, der die Einfahrt zur Röhre 1 zeigt. Anzeige für Anzeige arbeitet er sich nach rechts vor, bis er nach knapp zweieinhalb Minuten am Horizont der letzten Kameraeinstellung verschwindet. Insgesamt sind 64 Bildschirme in eine hohe Wand des Überwachungsraumes eingelassen, die den Blick in jeden Winkel der vier Tunnelröhren ermöglichen.
Im Moment läuft der Verkehr flüssig. Andree Poggendorf, der den etwas sperrigen Titel „Fachbereichsleiter Betrieb Straßentunnel im Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer“ trägt, hat mit seinen Kollegen, zwei Operatoren, zwei Tunnelbetriebswarte ein sowie Vertretern von Polizei und Feuerwehr das Geschehen aufmerksam im Blick. Rein statistisch gesehen bleibt jeden Tag mindestens ein Fahrzeug im Tunnel liegen. Dann ist schnelles Handeln gefragt, denn der Stehende wird schnell zur Gefahr. „Wir arbeiten bei allen Ereignissen eine Checkliste ab. Bleibt ein Fahrzeug liegen, wird die Spur oder sogar die ganze Röhre gesperrt, damit es nicht im Tunnel zu Stillstand oder einem Unfall kommt“, erklärt Poggendorf.
Nach Unfällen ist es manchmal auch notwendig, andere Röhren kurzzeitig zu sperren. Durch spezielle Weichenkonstruktion auf der Autobahn an unterschiedlichen Abschnitten des Elbtunnels können Einsatzfahrzeuge schnell an die Unfallstelle gelangen. Dafür muss jedoch der Weg frei sein. Auch bei einer Evakuierung, zum Beispiel bei einem Brand, werden leere Röhren benötigt, damit die Menschen sich gefahrlos retten können. Ist besonders viel los, können sich die Operatoren dazu entscheiden, eine Spur in den älteren Röhren 1, 2 und 3 zu sperren. Dort gibt es keinen Standstreifen, bei Stau vor und hinter dem Tunnel wird aber Platz für Rettungsfahrzeuge und die Evakuierung benötigt.
„Das wissen viele Autofahrer gar nicht. Ich bekomme sehr oft Anrufe mit der Frage, warum wir eigentlich ‚einfach so‘ Spuren sperren, obwohl da gar nichts ist“, sagt Poggendorf. Er selbst ist seit 14 Jahren dabei, kennt jeden Zentimeter des 3,3 Kilometer langen Tunnels. „Der bestüberwachte Autobahnabschnitt Deutschlands“, scherzt er mit Blick auf die Bildschirmwand.
Bei Notfällen arbeiten alle Anwesenden Hand in Hand, um kurze Reaktionszeiten zu garantieren. In maximal sechs Minuten sind Feuerwehr und Polizei im Tunnel vor Ort. Viele technische Defekte können direkt vor Ort behoben werden.
Für die Planung und Ausführung von Instandsetzungen ist die Tunnelbetriebszentrale ebenfalls zuständig. Dabei wird auch fleißig geputzt: Einmal im Monat fährt ein Tunnelbetriebswart mit einem Waschwagen durch die Röhren und reinigt die Seitenwände. Mit Bürsten wie in der Waschanlage an beiden Seiten entfernt das Spezialfahrzeug Ablagerungen.
Auch wenn der Elbtunnel die größte Bedeutung hat, ist die Zentrale auch für den Krohnstiegtunnel, den Wallringtunnel, die Deckel in Schnelsen und Stellingen im Aufgabenbiet der Zentrale. Dazu kommt der Deckel in Altona, sobald er fertiggestellt ist.
Obwohl Andree Poggendorf bei Notfällen regelmäßig nachts angerufen wird, liebt er seinen Job: „Andere haben eine Modelleisenbahn. Wir schauen den Fahrzeugen zu, wie sie durch den Tunnel rollen“.
Autor: Hans Pieper
Bilder: Porträt Andree Poggendorf und Waschwagen: Falco Hettler, Tunnelbetrieb Hamburg
Alle anderen Bilder: Dennis Williamson