Bootfahren ohne Führerschein: Es gibt immer mehr Bootsverleiher, die auch Laien das Abenteuer Kapitän ermöglichen. Wie das Bootfahren ohne Führerschein funktioniert, haben wir auf der Weser getestet.

In einem kleinen Hafen, direkt an der Autobahnbrücke der A1, liegt unser Gefährt für die nächsten vier Stunden. Am Anleger wartet bereits der Chef des Charterservice: „Moin. Ich bin der Gerhard.“ An Board, so erfahren wir, wird sich geduzt. Vielleicht auch, weil Gerhards Nachname, Buzzi, bereits auf all seinen Booten zu lesen ist. Wir entscheiden und für Buzzi II, eines von drei Booten, die ohne Führerschein gefahren werden können. Auf dem Weg dorthin erfahren wir, dass sich grundsätzlich jedes Boot für das scheinfreie Fahren eignet, das sich mit 15 PS noch navigieren lässt. In der Praxis werden dementsprechend vor allem leichtere Boote, wie Schlauchboot, Boot mit GFK-Rumpf oder kleinere Kajütboote angeboten.

Genug Theorie. Jetzt geht’s an Board. Buzzi II ist 4,70 Meter lang und 2 Meter breit. Der Kapitän sitzt vor einem großen Edelstahl-Lenkrad, während die Passagiere es sich auf weichen Sitzpolstern bequem machen können. Mit wenigen Handgriffen wird daraus eine große Liegefläche. An Bord gibt es fließend Wasser, einen Tisch und eine Kühlbox. Gerhard nimmt sich Zeit für eine ausgiebige Einweisung: Vorwärtsgang, Rückwärtsgang, wo sind die Schwimmwesten und wie darf ich mich auf der Wasserstraße Weser bewegen. Dann startet er kurzerhand den Motor: „Viel Spaß und immer genug Abstand von den Tonnen und den großen Containerschiffen einhalten“.

Der Motor säuselt leise vor sich hin und wir legen respektvoll den Rückwärtsgang ein. Buzzi bewegt sich langsam nach hinten, jetzt bloß nicht anecken, Vorwärtsgang einlegen und raus aus dem kleinen Sportboothafen. Wir entscheiden uns für die Fahrtrichtung rechts, und bewegen das Boot in Richtung Weserstadion. Nach kurzer Zeit, kommt uns der erste Riese entgegen, ein Containerschiff. „Buzzi“ wird ordentlich durchgeschüttelt. Danach ist die Weser wieder glatt wie ein Bügelbrett und wir setzten unsere Fahrt gemütlich fort bis das nächste Hindernis vor uns auftaucht: eine Schleuse. Gang runter schalten und sich langsam dem riesigen Stahltor nähern. Eine rote Ampel und einige Hinweistafeln später, befinden wir uns mitten in der Schleuse – ein echtes Abenteuer. Je nach dem in welche Richtung sich die Sportboote bewegen geht es rauf oder runter. Mit einem Tau und einem Enterhaken machen wir unser Boot an den schleimigen Spundwänden fest.

Nach gut 20 Minuten Schleusenvorgang, verlassen wir die riesige Stahlkonstruktion und setzen die Fahrt in Richtung Bremen „City“ fort. Badestrände, Kleingärten und Weserstadion ziehen an uns vorbei und es stellt sich langsam eine gewisse Ruhe ein. Es wird gemütlich und entspannt. An einer Eisbahnbrücke müssen wir das Boot wenden. Denn hier endet das Binnengewässer und die Seewasserstraße in Richtung Nordsee beginnt. Buzzi ist nur für Binnen zugelassen. Das hatte Gerhard extra nochmal betont. Also geht es wieder zurück Richtung Heimathafen: Weserstadion, Kleingärten, Badestrände, Schleuse – alles rückwärts. Mittlerweile „gekonnt“ manövrieren wir Buzzi zurück in den kleinen Bootshafen und in die Parkbox. Gerhard wartet schon. Vielleicht hat er sich ja doch ein wenig Sorgen gemacht – um Buzzi. „Schaltet den Motor aus und macht das Boot fest“, ruft er vom Steg. Auch wir sind erleichtert und stolz. Wir haben es geschafft: Allein auf großer Fahrt.

Unser Fazit: 15-PS reichen für maritime Tagesausflüge für Laien auf jeden Fall. Wir können uns sogar eine Wasserwanderung vorstellen. Das kleine Sportboot, Buzzi II, hat uns begeistert. Mit ein bisschen mehr Übung folgt vielleicht irgendwann der Wunsch nach einem größeren Boot. Dann muss eben doch noch ein Führerschein her.

Weitere Infos unter bootcharter-bremen.de.

Text: Nils Linge
Fotos: Rainer Geue