Für seine aktuelle Serie „Nothing is constant but change“ hat Künstler Volker Bartsch Schweißgerät, Pinsel und Co. zur Seite gelegt und sich hinter das Steuer seines Autos geklemmt.

Für die wenigsten ist das eigene Auto nur die Summe seiner Teile. Auch für Volker Bartsch ist sein Auto, ein Triumph TR3 von 1959, weit mehr als nur ein Gefährt. Sein weißer Rennwagen ist Muse, Pinsel und Druckpresse zugleich: seit vier Jahren fertigt der 66-Jährige mit seinem Oldtimer Kunstwerke an, ganz gleich ob Radierung oder Gemälde.

Die Brücke zwischen seinen beiden Leidenschaften schlug der gebürtige Goslarer bereits in seiner Jugend; doch eher aus praktischen Gründen, wie Bartsch heute zugibt: „Mein erstes Auto war ein grüner VW Käfer. Ein schönes Auto, das aber nun mal jeder fuhr.“ Um seinen Käfer unter all den anderen schneller zu finden, zückte Bartsch kurzerhand den Pinsel und malte das Gefährt an: „Schön psychedelisch, wie es sich zu der Zeit gehörte.“ Das Auto wurde zum Objekt der Begierde – und wechselte kurze Zeit später für eine gute Mark den Besitzer.

Wenn der Oldtimer zum Pinsel wird. Volker Bartsch in seinem Triumph.
Wenn der Oldtimer zum Pinsel wird. Volker Bartsch in seinem Triumph TR3 von 1959. Foto: Annett Klingner

“An diesen Ort durften keine DDR Bürger”

48 Jahre später sitzt Volker Bartsch in seinem Atelier unter dem S-Bahnbogen 42 am Berliner Holzmarkt. Zu DDR-Zeiten war hier Grenzgebiet und die einzige Werkstatt für Autos der Marken Renault und Fiat. „An diesen Ort durften keine DDR-Bürger, zumindest keine ohne Westgeld“, beschreibt Bartsch die Verhältnisse.

Seit jeher sichert Volker Bartsch mit seinen Werken Spuren der Geschichte. Auch die Spur des ehemaligen Grenzgebiets ließ er dabei einfließen. Der Künstler färbte einen Riss im Betonboden der ehemaligen Kfz-Werkstatt ein, symbolisch für den Riss in der damaligen Gesellschaft, legte eine Leinwand darauf und fuhr mit seinem Triumph darüber – der erste Car Print aus der Reihe „Nothing is constant but change“.

Zu schnell für den Wachschutz

Neben dem Riss in seiner Werkstatt verewigte Bartsch auch Spuren an der Glienicker Brücke oder am Checkpoint Charlie. Am liebsten erinnert er sich jedoch an das Brandenburger Tor. Um fünf Uhr morgens fuhr der Spurensammler mit seinem elfenbeinfarbenen Oldtimer vor Berlins Wahrzeichen, legte in aller Ruhe eine Radierplatte auf den Boden, fuhr drüber und verschwand, ehe der Wachschutz auch nur Notiz von der Aktion nahm. „Das Geheimnis ist, es so aussehen zu lassen, als wäre es das Normalste der Welt“, erzählt Bartsch und kann sich dabei ein Grinsen nicht verkneifen.

 

Text: Leon Strohmaier