Auf Hiddensee sorgt Martina Dominik für Ordnung. Und obwohl die Insel für den Autoverkehr gesperrt ist und das Blaulicht bislang aus blieb, gibt es für sie einiges zu tun. 

Ihr Revier ist knapp 17 Kilometer lang und maximal 3,7 Kilometer breit: Die meisten Wege kann Martina Dominik mit ihrem Dienstfahrrad absolvieren. Das hat den großen Vorteil, dass man mit den Insel-Bewohnern schneller ins Gespräch kommt: „Man ist hier Mädchen für alles. Die Leute wenden sich bei allen möglichen Fragen und Probleme an einen – oder sie wollen einfach nur einen Schnack halten.“ Falls das Wetter nicht mitspielt oder es doch mal schneller gehen soll, steht ein Nissan Leaf bereit, der sich dank Elektro-Power lautlos über die Insel bewegt. „Da muss man schon ein bisschen aufpassen, dass die Fußgänger und Radfahrer einen wirklich bemerkt haben und einem nicht vors Auto laufen.“

Die Unaufmerksamkeit der anderen Verkehrsteilnehmer nimmt sie gelassen hin, schließlich muss man in Hiddensee nicht unbedingt mit herannahenden Autos rechnen. Nur wenige Fahrzeuge von Zulieferern, Handwerkern oder Paketdiensten sind per Sondergenehmigung auf dem 8 km langen Straßennetz unterwegs. Das Reichweitenproblem von Elektroautos ist hier keins. Im Gegenteil: Den Nissan kann sie bequem an der Polizeidienststelle aufladen, mit einem konventionellen Polizeiauto müsste sie zum Tanken mit der Fähre nach Rügen.

Vor einem halben Jahr hat die Kriminalhauptmeisterin ihren Dienst auf der Insel angetreten. Vorher war sie bei der Kriminalpolizei in Schwerin – der Kontrast könnte kaum größer sein. Während es dort um die Verfolgung schwerer Straftaten ging, war in Hiddensee das Blaulicht und Martinshorn ihres Nissans noch nie in Gebrauch. „Nur einmal meldeten sich Urlauber ganz aufgeregt, weil sie glaubten einen menschlichen Knochen in den Dünen gefunden zu haben. An der Fundstelle entpuppte sich das schnell als Überreste eines Tieres.“

Hiddensee ist ohnehin kein gutes Pflaster für das Verbrechen. Denn eine Flucht von der Insel ist schnell vereitelt. „Im Sommer haben ein paar übermütige Kids ein paar Strandkörbe demoliert. Da habe ich kurz mit dem Kapitän der Fähre gesprochen, dass er noch nicht ablegen soll, bevor ich die Schulklasse befragt habe.“

Doch so beschaulich das Leben hier auch sein mag, für sie als Polizistin gibt es hier nicht weniger zu tun, als auf dem Land. „Während bei der Kriminalpolizei jeder seine spezielle Aufgabe hat, bearbeite ich den kompletten Prozess – vom Anruf bis zum Bericht.“ Und einen wirklichen Dienstschluss gibt es nur bedingt. Falls nachts etwas passiert, ist sie vor Ort. Aber das ist nicht der Grund, weshalb sie manchmal ihre Kollegen vermisst. „Im Sommer werde ich für drei Monate von einem jungen Kollegen unterstützt. Das ist schon schön, sich mal wieder unter Kollegen austauschen zu können.“

Trotzdem mag sie es, wenn im Herbst und Winter auf Hiddensee die Ruhe wieder einkehrt. Nicht weil ihre Arbeit dann weniger wird, sondern weil sie die einsamen Strandspaziergänge mit ihrem Hund so liebt. „Auf dem Weg zur Arbeit blickte ich heute Morgen übers Meer und dachte nur: Mann, was ist das ein schönes Fleckchen Erde!“

Text: Christian Hieff
Bilder: Christian Rödel