Mitflugzentralen bieten die Möglichkeit, in den Genuss eines Privatfluges zu kommen. Wir haben die neue Art zu reisen auf der Strecke Hamburg – Berlin ausprobiert.

Vor dem Start geht Manon Domizlaff die Checkliste durch: Sie prüft den Benzinstand, kontrolliert die Instrumente und testet den Motor. Die Gewissenhaftigkeit und Souveränität, mit der die Hobby-Pilotin sich durch die Kontrollliste arbeitet, schafft eine gute Vertrauensbasis für die kommenden gemeinsamen (Flug)-Stunden.

Die Pilotin Manon Domizlaff prüft ihr Flugzeug
Gewissenhaft prüft Manon Domizlaff ihr Flugzeug

Die erste Kontaktaufnahme erfolgte über die Mitflugzentrale Wingly. Dort können Privatpiloten Flüge anbieten und Flugbegeisterte Gesuche einstellen. Ähnlich wie bei den herkömmlichen Mitfahrzentralen, hilft die Plattform Betriebskosten zu reduzieren. Und die sind bei Flugzeugen – abhängig von Modell – nicht ganz ohne. „Da ich selbst die Cessna chartern muss, liegt die Flugminute bei rund vier Euro. Weil ich für meine Fluglehrerausbildung viele Flugstunden brauche, kann ich so die Kosten im Rahmen halten“, erklärt Manon Domizlaff. Anders als professionelle Anbieter darf sie keinen Profit machen. „Am meisten werden Rundflüge nachgefragt.“ Viel spannender findet sie aber längere Flüge mit Zwischenstopp. Heute geht es von Hamburg nach Berlin und zurück. Genauer gesagt startet unser Flug auf dem Sportflugplatz Heist Bültenkoppel, in der Nähe von Pinneberg. Kein Check-Inn, kein Anstehen an der Sicherheitskontrolle, dafür eine persönliche Begrüßung durch die Chefpilotin. „Privatjet“ statt Holzklasse heißt heute die Devise. Dabei versprühen die kleine Cessna und die Gras-Startbahn weniger VIP-Glamour, haben aber umso mehr rustikalen Charme.

 

Luftaufnahme des Hamburger Hafens aus dem Flugzeug
Der Hamburger Hafen aus der Luft.

Schon nach wenigen Flugninuten erreichen wir den Hamburger Hafen und die Elbphilharmonie. Die Stadt breitet sich vor uns wie ein Wimmelbilderbuch auf. Die moderate Reisegeschwindigkeit und die geringe Flughöhe ermöglichen Ein-und Ausblicke, die kein Linienflug bieten kann.

Manon Domizlaff gefällt dabei in der Doppelrolle als Pilotin und Reiseleiterin, die auf markante Wegpunkte aufmerksam macht. Die aufsteigende Thermik über der Havel lässt das Flugzeug ungerührt, die Passagiere werden hingegen ordentlich durchgeschüttelt. Merke: Ein Sportflugzeug ist kein Airbus. Die weite Sicht über das Brandenburger Land entschädigt für die kleineren bis mittleren Turbulenzen und bildet einen starken Kontrast zum eben genossenen Großstadtpanorama. Dank Rückenwind setzen wir bereits nach  weniger als zwei Stunden zum Landeanflug in Schönhagen an. Statt am Gepäckband zu warten, genießen wir die Mittagssonne auf der Terrasse des Flughafenrestaurants. Wer will, kann von hier aus mit einem Shuttle-Service zum Bahnhof Trebbin fahren. Von dort braucht man etwa eine halbe Stunde bis zum Hauptbahnhof Berlin.

Christian Hieff und Manon Domizlaff stehen nach der Landung in Berlin vor dem Flugzeug
Nach dem Flug ist ein filmreifer Gang vom Flugzeug weg inklusive

Doch wir steigen lieber wieder ein und erkunden noch kurz den Himmel über Berlin bevor es wieder zurück Richtung Hansestadt geht. Die touristischen Highlights wie das Brandenburger Tor und den Reichstag müssen wir leider links liegen lassen, da aus Sicherheitsgründen Teile des Luftraums über der Hauptstadt ständig gesperrt sind.

Die Kosten für den exklusiven Ausflug betrugen circa 300 Euro pro Person. Es gibt günstigere Alternativen für die Strecke Hamburg- Berlin und retour. Doch kaum eine ist so aufregend.

Mehr zur Mitflugzentrale Wingly gibt es hier.

Autor: Christian Hieff
Bilder: Dennis Williamson