Um die hohe Stickoxid-Belastung am Theodor-Heuss-Ring zu reduzieren, geht die Landeshauptstadt einen ungewöhnlichen Weg: Sie testet eine Art Staubsauger an der Straße.
Die zu hohen Stickoxid-Werte in diversen Städten im Norden zwingen die Politik zum Handeln. Während Hamburg bereits im vergangenen Jahr Durchfahrtsbeschränkungen für Dieselfahrzeuge in zwei Straßen angeordnet hat, wollen die Verantwortlichen in Kiel dies unbedingt verhindern. Die Maßnahmen hierfür muten zum Teil sehr kurios an.
Der Luftreinhalteplan der Stadt sieht eine aus Hamburg bekannte Umleitung von Lastwagen vor. Zusätzlich sollen ein Tempolimit und ein spezieller Fahrbahnbelag den Ausstoß der Stickoxide reduzieren. An Realsatire grenzt hingegen die Maßnahme, Dieselfahrzeugen nur noch zu erlauben, auf der linken Spur zu fahren. Denn diese ist weiter von der Messstation entfernt. Dieser Vorschlag sorgte für viel Kopfschütteln, auch bei Deutscher Umwelthilfe, in der Wirtschaft und beim ADAC. Denn all dies macht die Luft nicht sauberer, die Probleme werden nur verlagert.
Doch es gibt noch eine weitere Maßnahme, die mindestens ungewöhnlich erscheint: Ein Stickoxid- und Feinstaubsauger soll am Straßenrand die Luft verbessern – zumindest an der Messstation. Das Gerät sieht von außen ein bisschen aus wie ein Imbisswagen. Drinnen zubereitet werden soll saubere Luft. Der Stadtluftreiniger der Firma Purevento verspricht vollmundig einen spürbaren Beitrag zur Luftverbesserung auf dem stickoxidgeplagten Theodor-Heuss-Ring. Purevento-Geschäftsführer Robert Krüger meint selbstbewusst: „Wir werden Kiel helfen können.“
Zumindest ein bisschen: Bis zu 40.000 Kubikmeter Luft pro Stunde könnten im Jahresmittel um 80 Prozent des Feinstaubs und Stickoxids gereinigt werden, dafür sorgt ein zweistufiges Filtersystem.
Am 6. Februar saugt der Luftreiniger erstmals auf dem Radweg zwischen Dithmarscher Straße und Krusenrotter Weg am Fahrbahnrand vor sich hin. Die erste spürbare Veränderung trifft dabei Radfahrer: Sie müssen nun absteigen, denn die Straßenführung ist eng an dieser Stelle gleich neben der Messstation. Nach 14 Tagen wird der Wagen jedoch schon wieder abgebaut und geht auf Tournee, auch andere Kommunen haben Interesse. Ende März ist der Sauger wieder da. Ein mobiles Messgerät dokumentiert detailliert die Werte.
Die Stadt will so den Stickoxid-Gehalt um zehn Prozent reduzieren. Purevento-Geschäftsführer Krüger prognostiziert: „Wir schaffen mehr.“ Dann wäre der Stadtluftreiniger ein Beitrag, die Luft sauberer zu bekommen, anstatt die Schadstoffe über ein paar Straßenzüge zu verteilen. Allerdings handelt es sich hierbei um eine rein lokale Lösung. Die vom ADAC seit langem geforderte Hardwarenachrüstung älterer Diesel, die Umstellung von städtischen Fahrzeugen auf emissionsärmere Modelle, eine bessere Verkehrssteuerung und der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs würden flächendeckend wirken und erscheinen daher deutlich sinnvoller.
Doch Kiel setzt vorerst auf die punktuelle Reinigung. Erweist sich diese als erfolgreich, soll aufgerüstet werden: Sechs Anlagencontainer, ohne Räder und etwas kleiner als die Pilotanlage, sollen dann auf 190 Metern Länge am Theodor-Heuss-Ring stehen. Schlechte Zeiten für Radfahrer, gute Nachrichten für die Kieler Luft.
Text: Ulf Evert
Fotos: Frank Peter