Tausende Passagiere nach einem engen Zeitplan über die Weltmeere zu fahren, ist eine Herausforderung. Die Kapitäne erhalten dabei Unterstützung vom Fleet Operations Center in Hamburg.
Überdimensionale Bildschirme erleuchten den Raum. Die Männer vor den Monitoren checken Routenverläufe, Wetterdaten, Tankstände und Motoren-Messwerte der Traumschiffe, die als kleine Punkte auf virtuellen Landkarten aufleuchten. Auf den Schiffen ist alles im Lot; die Stimmung im Raum ist konzentriert aber entspannt. Für Dirk van Aarsen, der in seiner Funktion „Direktor Nautische Operationen“ heute das „Kommando“ im Fleet Operations Center (FOC) in Hamburgs Hafen City führt, ist es also ein guter Tag. „Kreuzfahrt-Passagiere wünschen sich eine reibungslose Reise ohne böse Überraschungen. Mit unserer Arbeit tragen wir einen Teil dazu bei, dass alles planmäßig abläuft.“
Das Fleet Operations Center ist eine Art Verkehrsleitzentrale für Kreuzfahrtschiffe. Gegründet wurde sie 2015 von dem weltweit größten Kreuzfahrtkonzern Carnival Corporations, zu dem die Marken Aida, Costa Cruises und Costa Aisa gehören. Aber auch die Schiffe von P&O Cruises und Cunard Line werden von Hamburg aus überwacht. Insgesamt haben die Angestellten 38 Schiffe nicht nur sprichwörtlich auf dem Schirm – und das rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr. Mittlerweile gibt es neben dem Standort in Hamburg auch FOCs in Miami und Seattle.
Den Mitarbeitern in den Centern entgehen dabei keine Unregelmäßigkeiten. Verlässt ein Schiff den vorgesehenen Kurs, wird im FOC automatisch ein Signal ausgelöst. Meistens haben die Kurskorrekturen einen harmlosen Grund, wie zum Beispiel ein Ausweichmanöver aufgrund eines entgegenkommenden Schiffes. Doch man reagiert nicht nur auf Ereignisse, sondern hilft auch aktiv bei der Kursfindung. „Wenn wir zum Beispiel Unwetterwarnungen auf der Route haben, können wir den Kapitän rechtzeitig informieren und Alternativen anbieten. Damit entlasten wir die Crew auf der Brücke“.
Auch Noteinsätze, wenn zum Beispiel ein Passagier ernsthaft erkrankt ist, können schnelle Kursänderungen erzwingen. „Unvorhersehbare Ereignisse, die den Zeitplan durcheinander bringen, sind große logistische Herausforderungen. Wichtige Fragen sind dann: Reicht noch das gebuchte Zeitfenster im Zielhafen oder muss das Schiff in einen anderen Hafen gelotst werden?“, erklärt van Aarsen. Über mangelnde Beschäftigung kann sich der Niederländer nicht beklagen, schließlich boomt die Kreuzfahrtbranche bereits seit Jahren. 2016 haben 24,7 Millionen Menschen ihren Urlaub auf einem dieser schwimmenden Hotels verbracht. In Hamburg erwartet man 2018 erstmals über 220 Anläufe und insgesamt 880.000 Passagiere. Das bedeutet eine Steigerung von über 10 Prozent zum Vorjahr.
Doch geht nicht etwas von der Seefahrerromantik verloren, wenn man als Kapitän unter ständiger Beobachtung fährt? „Nein, nicht wirklich. Unsere Arbeit bedeutet nicht: „Big Brother is watching you!“, sondern eher: „Danke für die Hilfe großer Bruder.“ meint van Aarsen, der vor seinem Job im FOC selbst als Staff-Kapitän auf der Brücke eines Kreuzfahrtschiffs stand. Daher weiß er auch ganz genau: „Am Ende muss der Kapitän entscheiden. Aber wir helfen ihm, die richtigen Entscheidungen zu treffen.“
Autor: Christian Hieff
Bilder: Dennis Williamson