Langenwerder ist Vogelschutzgebiet und eigentlich für Menschen tabu. Im Sommer dürfen jedoch kleine Gruppen im Rahmen einer Führung die unberührte Natur genießen.

Helfer im Einsatz: Die Vereinsmitglieder

Der raue Ostwind hat das Meer zwischen Gollwitz auf Poel bei Wismar und der kleinen Insel Langenwerder über Nacht ansteigen lassen. Am Ufer stülpen die Männer und Frauen vom „Verein zum Schutz der Wat- und Wasservögel“ die Anglerhosen bis unter die Brust. Es ist Samstagmorgen, kurz vor neun. Gleich geht’s für den Vereinsvorsitzenden Bernd Heinze, Kassenwart Dirk Brenning und die anderen 18 Vogelschützer einige dutzend Meter kniehoch durch die Ostsee. Der erste große Arbeitseinsatz der Saison steht für die Ehrenamtlichen an. Was Wind und See am Ufer angespült haben, muss beräumt werden. 600 Meter Elektrozaun sollen aufgebaut werden, um die Vögel während der Brutzeit von Mai bis Juli vor Füchsen und anderen Jägern zu schützen, die über die Sandbänke kommen.

Sobald die Brutzeit zu Ende ist, gesellen sich sonntags Touristen zu den Wat- und Wasservögeln. Bis zu 15 Personen dürfen nach Anmeldung zum zweistündigen Rundgang auf die Insel. Geführt werden sie vom Vogelwärter: Von März bis November leben Vereinsmitglieder durchschnittlich zwei Wochen abwechselnd im winzigen Vogelwärterhaus, um Populationen im Logbuch zu dokumentieren, Vögel zur besseren Nachverfolgung zu beringen – und um eben Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen die einzigartige Tierwelt Langenwerders näher zu bringen. Dann erfahren Besucher beispielsweise, dass sich die Lachmöwe ein einfaches Nest baut, die Austernfischer dagegen am Strand ohne Nest brüten. Und dass die Ehrenamtlichen am Ende des Jahres mehrere Tausend Sandsäcke hinüber bringen, um Hochwasser zurück zu halten.

Gudrun Drude beobachtet die Sturmmöwen

150 Vereinsmitglieder gibt es insgesamt. Etwa 30 davon sind aktiv und kommen zu den zehn Arbeitseinsätzen im Jahr. Die Dienstälteste ist Gudrun Drude. Sie ist 83 Jahre alt und beobachtet dieses Mal Möwen durchs Fernrohr. Auch die anderen Freiwilligen haben zu tun: Jürgen Mevius stakt auf seiner „Anka“ den Proviant vom Gollwitzer Strand hinüber – Wasserkanister, Bleche voll Kuchen, Erbseneintopf.  Am Westufer ist Vereinschef Heinze unter anderem mit Autowerkstattmeister Reinhard Seidel aktiv, während sich Kathrin Lippert mit Hobby-Ornithologen Johann Dietrichs über Seeschwalben und die kleinsten Enten Europas, die Krickenten, austauscht.

Der Vereinschef Bernd Heinze watet durchs Wasser …
… während Jürgen Mevius mit Proviant unterwegs ist.

 

 

 

 

 

 

Einsam, aber gemütlich: Das Vogelwärterhaus

An den Fangreusen arbeitet Sven Heise. Der Hamburger ist einst als Tourist auf Langenwerder gewesen. Und war fasziniert. Jetzt ist er aktives Vereinsmitglied, weiß, dass der Fischadler, der gerade über ihm kreist, „total selten“ hier sei und dass das Kleinod unbedingt geschützt werden muss, damit Vogelarten nicht aussterben. „Immer im Oktober übernehme ich das Vogelwärterhaus für eine Woche“, sagt der 42-Jährige, der in der Verwaltung tätig ist. Dann setze er sich auf den Nullpunkt, genieße die urtümliche Lebensweise ohne fließend Wasser und Wlan. Den Einsatz könne er daher nur jedem empfehlen. „Wo hat man sonst schon eine Insel ganz für sich allein?“

Autorin: Claudia Tupeit
Fotograf: Christian Rödel