Nach der Gerichtsentscheidung in Leipzig richtet Hamburg als erste Stadt bundesweit ein Dieselfahrverbot ein. In Schleswig-Holstein und Niedersachsen werden Maßnahmen diskutiert.
Ab sofort können Kommunen bestimmte Fahrzeuge aufgrund ihres Stickoxid-Ausstoßes von Strecken ausschließen. Und das hat direkt Auswirkungen auf den Norden. Bereits ab Mai sollen in Hamburg Diesel-PKW mit der Abgasnorm Euro-5 oder schlechter von einem Straßenabschnitt ausgesperrt werden. Ein rund 600 Meter langer Abschnitt auf der vielbefahrenen Max-Brauer-Allee bleibt dann tabu.
Diskussionen um Fahrverbote in vier weiteren norddeutschen Städten
Auch außerhalb von Hamburg droht Dieselfahrern in Norddeutschland Ungemach. In Hannover werden derzeit die größten Einschränkungen diskutiert: Oberbürgermeister Stefan Schostock will am liebsten sofort die „Blaue Plakette“. Das bedeutet Fahrverbote in der gesamten schon bisher bestehenden Umweltzone und würde betroffene Dieselfahrer aus großen Teilen der Stadt verbannen. Die Verkehrsexperten des Regionalclubs Niedersachsen weisen seit Jahren darauf hin, dass schon die bestehende Umweltzone die Luftqualität nicht merklich verbessert hat – das wird auch die Blaue Plakette nicht erreichen. Die Stadt Oldenburg schließt ebenfalls nicht aus, nach dem Gerichtsurteil Durchfahrtsbeschränkungen einzuführen. Der Kieler Umweltminister Robert Habeck wie auch Oberbürgermeister Ulf Kämpfer wollen diese nach Möglichkeit vermeiden – Kämpfer nannte Fahrverbote in einem Interview mit den Kieler Nachrichten vor einigen Wochen „völlig gaga“. Auch in Osnabrück will man zunächst alle anderen Maßnahmen zur Senkung der Stickoxid-Belastung ausschöpfen. In Bremen drohen aktuell keine Fahrverbote, da die entsprechenden Grenzwerte zurzeit nicht überschritten werden.
Gesundheit schützen, Fahrverbote vermeiden
“Mit den Fahrverboten würden die Autofahrer ausbaden, was Politik und Autoindustrie verursacht haben”, so der ADAC Vizepräsident für Verkehr, Klaus Ulrich Becker. Seit Jahren weise der ADAC auf zu hohe Schadstoffwerte im Realbetrieb hin. Dass die Grenzwerte eingehalten werden müssen, sei klar – der Schutz der Gesundheit stehe an erster Stelle. Doch Fahrverbote sollten stets das letzte Mittel sein: „Denn Beschränkungen treffen die Autofahrer gleich doppelt. Nicht nur wird ihre Mobilität eingeschränkt, sie haben auch noch mit einem massiven Wertverlust zu kämpfen.“
Die Preise für gebrauchte Diesel befinden sich seit Monaten im Sinkflug und dürften durch Fahrverbote weiter fallen.
Maßnahmen für bessere Luft
Nicht zuletzt deshalb fordert der ADAC, zunächst alle anderen Maßnahmen für eine Reduzierung des Schadstoffausstoßes auszuschöpfen. So müssen beispielsweise möglichst viele Euro-5-Diesel konsequent umgerüstet werden. Dabei dürfen die Kosten auf keinen Fall an die Autofahrer abgewälzt werden. Softwareupdates sind ebenfalls ein wichtiger Faktor, reichen alleine jedoch nicht aus. Generell müssen der öffentliche Nahverkehr konsequent attraktiver und günstiger gestaltet, Fahrradwege ausgebaut und Ampeln besser geschaltet werden. Fahrzeuge, die viel in der Innenstadt unterwegs sind, wie etwa Taxis, Busse, Lieferdienste und Behördenautos, sollten zügig auf emissionsärmere Modelle setzen. All dies kann in Kombination dazu führen, dass die Gesundheit der Menschen in den norddeutschen Städten besser geschützt wird – und gleichzeitig Dieselfahrer nicht die Versäumnisse anderer ausbaden müssen.
Autor: Hans Pieper
Bild: Institut für Hygiene und Umwelt