In der Hamburger Manufaktur Wagenbauanstalt werden nicht einfach Fahrzeuge umgebaut, sondern Einzelstücke für Individualisten gefertigt. Das dauert seine Zeit, doch die Kunden bringen diese gerne mit.
Nicht nur die Autos sind Unikate – der Mann ist es auch. Oliver Kaps heißt er, er raucht gern und trägt einen Bart, „wie ihn sonst kaum keiner hat“, wie er sagt, wobei seine Kölner Herkunft unüberhörbar ist. In seiner Firma in Bergedorf schneidet der 38-Jährige mit seinem Team Autos auf, dengelt, schweißt und lackiert, macht sie breiter, tiefer oder lauter, bis eine genau auf den Kunden abgestimmte Sonderanfertigung entsteht. Das erste Fahrzeug, das nach der Eröffnung 2004 seiner Firma vom Hof rollte, war ein komplett modifiziertes Cadillac Coupé aus dem Jahr 1953, es folgten ein Porsche 964 Turbo, ein Chevrolet Bel Air und ein Shelby-Mustang. Inzwischen sind weit über 100 Autos durch seine Hände gelaufen, mal waren es komplette Neubauten, mal Teilrestaurierungen. „Drivable Art“ nennt er seine Kreationen, grob übersetzt: fahrbare Kunst.
In Europa hat die Customizing-Kultur noch keine lange Tradition, in den USA modifizierte man schon in den 50ern Autos aus der Vorkriegszeit, um sie schneller zu machen. Heute geht es allerdings weniger um Geschwindigkeit als um den Klang eines Motors. „Ein Auto besteht ja nicht nur aus Optik und Haptik“, so Kaps, „sondern auch aus Sound. Und ein Motor mit über 300 PS klingt einfach besser.“
Was allerdings eine noch wichtigere Rolle spielt: Oliver Kaps bietet seinen Kunden ein Produkt, das man nicht von der Stange kaufen kann. Und das man sich leisten können muss. Wer das ist? „Leute mit Geschmack!“, ruft Kaps aus. Dabei haben sich seine Kunden ihr Geld immer selbst verdient, wie er hinzufügt. Und wie das geht, weiß Kaps genau.
Der Vater von drei Kindern arbeitet, seitdem er denken kann, machte eine Ausbildung zum Maler und Lackierer, ließ sich in Florenz zum Illusionsmaler und Vergolder weiterbilden, bemalte Kirchenfassaden und restaurierte Engel, holte dann sein Abitur nach – und landete in Hamburg. Und hier macht er das, was er das erste Mal mit zwölf Jahren zusammen mit seinem Großvater tat: Autos umbauen. Und zwar mit einem sehr traditionsbewussten Anspruch.
„Wir schustern nichts zusammen“, sagt Kaps bestimmt. Beim Thema Qualität versteht er absolut keinen Spaß. Pro Jahr wird ein Auto fertiggestellt, das reicht ihm: „Unser Bestreben war es noch nie, damit reich zu werden. Ich will etwas schaffen, das vorher nicht da war.“
Zusätzlich entwirft Kaps seit zwei Jahren Feuerzeuge und Füllfederhalter für den französischen Luxushersteller S. T. Dupont. Dabei handelt es sich um exklusive Kollektionen, so kostet das günstigste Feuerzeug etwa 10.800 Euro. Darüber kann man den Kopf schütteln, muss es aber nicht. Kaps hat eine sehr dezidierte Meinung darüber, was überflüssig ist in dieser Welt: billige Massenware wie Einwegfeuerzeuge zum Beispiel. Kaps zündet sich wieder eine Zigarette an, mit dem Feuerzeug seines Großvaters, das über 60 Jahre alt ist. 800 Mark hat es einmal gekostet, erzählt er. Dann sagt er: „Luxus ist das Nachhaltigste überhaupt.“
Und mit der Meinung ist er zum Glück nicht allein.
Autorin: Wiebke Brauer
Bilder: Michael Orth