Noch fristet der Motorbootrennsport ein Schattendasein. Im schleswig-holsteinischen Rendsburg will man das ändern – und setzt auf die Jugendförderung.
„Zu enge Kurven, so wird das nichts!“ Rainer Lutterbey kann in seinem Urteil ziemlich direkt sein. Der 54-Jährige winkt das Boot, dessen Propeller eben noch die glatte Oberfläche des beschaulichen Obereiderhafens aufgewühlt hat, zurück an den Steg. Schon während er vertäut, macht er dem Piloten gestenreich klar, wie er sich eine Kurve vorstellt.
Man könnte meinen, Lutterbey würde sich am liebsten selbst ans Steuer setzen wollen, um zu zeigen, wie man das richtig macht. Dabei ist er selbst nie Motorbootrennen gefahren. Er hat zwar alle notwendigen Lizenzen, aber seine Passion ist das Trainieren. Wahrscheinlich wäre es auch gar nicht so einfach, den knapp einsneunzig großen Mann in ein Cockpit der Klasse GT 15 zu verbringen. Denn die zehn- bis zwölfjährigen Kinder, die das Boot heute übers Wasser jagen werden, müssen neben etlichen Zentimetern auch ein paar Kilo weniger in den engen Raum zwischen Bordwand und Lenkrad zwängen.
Kinder wie Lars Wiwerink, 11. Gemeinsam mit seinem Vater hat er sich von Krefeld zur Lizenzschulung nach Rendsburg aufgemacht, weil es sonst in Deutschland kaum Trainingsmöglichkeiten gibt. Jetzt sitzt Lars zum ersten Mal am Steuer eines Rennbootes. Am Morgen hat er eine Theorieeinheit absolviert, und vor ein paar Minuten hat sich gezeigt, dass es noch Potenzial nach oben gibt. Lutterbey zieht das Boot an den Steg und gibt Tipps, wie die Bojen schneller umkurvt werden können.
Das kriegen die Anfänger an diesem Tag dennoch erstaunlich gut hin. Die Glasfaserboote mit dem 15-PS-Außenborder wiegen immerhin bis zu 265 Kilogramm und erreichen je nach Können des Piloten eine Spitzengeschwindigkeit von mehr als 70 km/h. Bis zu 7.000 Euro muss man für ein solches Boot auf den Kai legen, und weil das viele abschreckt, hat der ADAC Schleswig-Holstein mit der Jugend-Motorboot-Gemeinschaft Schleswig-Holstein einen Ortsclub aufgebaut, in dem Kinder an den Motorsport auf dem Wasser herangeführt werden. Mit Erfolg – Brian Lutterbey, der Deutsche Meister in der GT-15-Klasse, kommt aus Rendsburg und ist der Enkel des Trainers.
Der Obereiderhafen ist heute ein ideales Revier, das Wasser ist weit, und bei angenehmen 22 Grad herrscht fast Windstille. Lutterbey ruft die Kinder zusammen, erklärt, gibt Tipps, erläutert das Handling des Boots. Ein paar Minuten später jagt Lars wieder übers Wasser, mit Höchstgeschwindigkeit an den Bojen vorbei. So will der Trainer die Kurven sehen.
Text & Fotos: Ulf Evert