Bei der Slot-Car Racing Serie RCCO kann man bereits heute sehen, wie die Autodesigner sich die Mobilität der Zukunft vorstellen. Im Maßstab 1:24 rasen Konzeptstudien über die Rennpiste.
Beruflich hat Thomas Voigt Benzin im Blut, doch privat steht er unter Strom. Der langjährige Motorsport-Journalist führt erfolgreich eine Kommunikations-Agentur, auf deren Kundenliste renommierte Unternehmen aus der Autoindustrie und dem Motorsport stehen.
Als Ausgleich zum fordernden Job gründete er vor 26 Jahren die Slot-Car Meisterschaft RCCO, die Rennsport im Bonsai-Format bietet. Denn wie auch bei den großen Vorbildern wird hier akribisch am Set-Up gefeilt und um Hundertstelsekunden gerungen. Aufgrund seiner guten Verbindungen in die Motorsport-Szene treten in der Serie auch schon mal Rennsportgrößen wie der 9-fache Le Mans Champion Tom Kristensen oder der Ex-DTM Champion und Rallyecross-Weltmeister Matthias Ekström als Gaststarter an. Bevor er in der Formel 1 durchstartete, hat auch Sebastian Vettel hier sein Talent unter Beweis gestellt. „Er hat nach den ersten Runden sofort angefangen, sein Auto umzubauen. Das war zwar dann nicht mehr ganz regelkonform, aber schnell, “ erinnert sich Voigt amüsiert.
Nicht nur die Promi-Dichte unterscheidet die Serie von anderen Slot-Car Meisterschaften. Denn beim RCCO stehen „Werksteams“ am Start. Dank seines engmaschigen Netzwerks in der Auto- und Zulieferindustrie konnte Voigt Firmen wie VW, ABT oder Schaeffler davon überzeugen, in die Serie einzusteigen. Daher legte man beim RCCO auch großen Wert auf die detailgetreue Nachbildung von Rennfahrzeugen vom Schlage eines VW Polo WRC, Audi R8 LM oder Porsche 917.
Doch der Perfektionismus hatte auch Schattenseiten: „Unter den großen Unterschieden in den Fahrzeuglängen und Höhen litt die Chancengleichheit,“ erläutert Voigt. Daraus entstand der Gedanke, dass man statt Kopien eigene Kreationen an den Start bringt. Die Designer der Hersteller sollten eigens für die Serie Konzept-Studien entwickeln, um ihre Visionen von der Elektromobilität von morgen im Maßstab 1:24 auf die Bahn zu bringen. Auch wenn die Idee erst mal verwegen klingt, rannte Voigt bei den Unternehmen offene Türen ein: „Ich brauchte keine großen Überredungskünste, da man das Potential erkannte, die Meisterschaft als Spielwiese für die Designabteilungen zu nutzen.“
So setzte sich Lamborghini-Boss Stefano Domenicali hausintern höchstpersönlich für das Projekt ein. Neben den Italienern haben auch Audi, KTM, Schaeffler, ABT und VW Karossen für die Serie entwickelt.
Kein Wunder, dass in der langjährigen Geschichte des RCCO dem Saisonauftakt noch nie so stark entgegen gefiebert wurde, wie in diesem Jahr. Am 25. März feierten die Design-Studien beim 24-Stunden-Rennen im Prototypen Museum in Hamburg ihre Premiere. In einem spannenden Rennen lag zunächst lange Zeit der KTM X-BOW Vision RCCO vorne. Am Sonntagmorgen fuhr dann das Volkswagen-Team auf den ersten Platz – jedoch nur für wenige Minuten. In den letzten Stunden konnten die vier Fahrer des KTM-Rennwagens die Spitzenposition zurückerobern und gewannen schließlich mit 28 Runden Vorsprung. Dadurch schloss sich auch der Kreis zum Beginn der Rennserie mit Konzept-Studien: KTM hatte bei der Vorstellung des Projektes vor knapp einem Jahr als erster Hersteller zugesagt und erntete nun die Lorbeeren. Silber und Bronze erreichten die Teams mit Autos von VW und Schaeffler.
Bei der Veranstaltung starteten die neuen E-Sportwagen von ABT, Audi, KTM, Lamborghini, Schaeffler und Volkswagen direkt in das härteste Rennen der Saison. Doch alle sechs Autos liefen 24 Stunden lang ohne nennenswerte Probleme, lagen auf einem Niveau und begeisterten alle Fahrer. Eine gelungene Permiere also.
Für 2018 hat der umtriebige Serien-Chef Thomas Voigt übrigens schon weitere Pläne: Dann soll es eine Extra-Meisterschaft für autonom fahrende Slot-Cars geben. Statt den Designern sind dann die Entwicklungsabteilungen am Drücker.
Mehr über den RCCO erfahren Sie hier.
Autor: Christian Hieff
Bilder: Speedpool