1.600 Tonnen Schrott fallen bei der Erneuerung der Autobahnbrücken auf der A19 an. Ein Besuch auf der schweißtreibenden Baustelle zwischen Malchow und Waren.

Vorsichtig streift Carsten Sternberg den Fallschutz über die dicke Kleidung. «Auf der Stahlbrücke muss man sehr aufpassen, sonst liegt man schnell zehn Meter tiefer auf dem Eis», erzählt der Arbeiter und hakt die Leine ein. Sternberg arbeitet mit Brenner Fahri Yavan für eine Abrissfirma aus Georgsmarienhütte. Bei eisigen Temperaturen sprüht ein Funkenregen aus glühendem Metall in die Tiefe. Der Arbeitsplatz der Bauarbeiter und von Bauüberwacher Stephan Rapsch: Die Petersdorfer Autobahnbrücken der A 19 Berlin-Rostock bei Malchow.

Brückenabriss-Arbeiter Carsten Sternberg unter der Petersdorfer Brücke
Stück für Stück reißt er seinen Arbeitsplatz ab: Carsten Sternberg

Die Stahlbrücken aus DDR-Zeiten, die Teil des kürzesten Weges von Berlin zur Ostsee ist, wurden viel schneller marode, als ursprünglich geplant. Dabei galten die zwischen 1969 und 1982 gebauten Konstruktionen als Prestigeobjekt. Fachleute schätzen, dass die Fundamentgründungen im See damals nicht tief genug waren. Für die neue Brücke wurde mit fast 50 Metern nun doppelt so tief in den See gebohrt.

Doch vor dem Neubau steht die Frage: Wie reißt man zwei über tausend Tonnen schwere Brücken sicher ab? Erst einmal: Der Reihe nach. Die zweite Brücke nimmt den gesamten Verkehr auf, während die erste abgetragen wird. «Vier Meter am Tag und mit einem Kran gesichert», erklärt Bauüberwacher Rapsch, während Sternberg und sein Kollege die Stahlkonstruktion zerlegen. Am Ende werden 1.600 Tonnen Schrott pro Brücke übrig bleiben. Gleichzeitig läuft der Bau der ersten neuen Brücke. Inzwischen wachsen auf den Pfählen im Wasser Absenkkästen, in denen eine Betonplatte gegossen wird, die die Brückenträger aufnimmt.

Trotz modernster Technik kam es während der Baumaßnahmen zu Verzögerungen. Von Löchern in der alten Brücke aus wurden die neuen Bohrungen vorangetrieben, dauerten aber viel länger als geplant. Der extrem dichte Sand sorgte dafür, dass die Bohrrohre verklebten. Eines der Bohrrohre brach sogar ab.

Von Autofahrern gefürchtet: Ein Blitzer überwacht das Tempo auf der Brücke

Für die Autofahrer bleiben die Überquerungen daher bis mindestens im Frühjahr 2018 eine Geduldsprobe. Nicht nur, weil in der Baustelle aus Sicherheitsgründen nur 40 km/h erlaubt sind, die auch per Blitzer kontrolliert werden. Durch die Baustelle entfielen laut der ADAC Staubilanz 2016 über die Hälfte aller Staus in Mecklenburg-Vorpommern auf die A19. Rund 3.000 Kilometer stockte der Verkehr von Januar bis Dezember an dieser Stelle.

Heute geht es einigermaßen voran. Nur wenige Meter von den Abrissarbeiten entfernt fahren Autos und LKWs über die zweite Brücke, die auch leicht vibriert. Sternberg lässt sich davon nicht irritieren und arbeitet konzentriert weiter. Stück für Stück schneidet er die Brücke auf, während ihn seine Vollschutzmaske vor den Gasen schützt. Bis Ende Februar soll der Stahlteil der Brücke zerlegt sein. Zur Hauptsaison 2018 soll es wieder vierspurig zur Ostsee gehen.  „Dann wollen wir die andere Brücke zerlegen“, sagt Sternberg.

Autoren: Winfried Wagner, Hans Pieper
Bilder: Christian Rödel