Rund 1.200 Mal im Jahr startet Christoph 48 aus Neustrelitz zu seinen Einsätzen. Wir haben einen Tag lang die Retter begleitet. Dabei zeigte sich: Teamarbeit ist alles.

Montagmorgen, 7:30 Uhr: Die Küche der Luftrettungsstation ist erfüllt vom Duft von frischen Brötchen und Kaffee. Notärztin Claudia Lossin, Pilot Matthias Eckert und Notfallsanitäter Bernd Krüger sitzen am Frühstückstisch und berichten von ihren Wochenenden und ihren letzten Einsätzen. Rüde unterbricht der Alarmton das Gespräch unter Kollegen.

Viel Platz ist nicht: Der Krankentransport findet auf begrenztem Raum statt

Ohne viele Worte und ohne Hektik streifen sich die drei ihre griffbereite Ausrüstung über und eilen zum Hubschrauber. Eckert startet die Maschinen der EC 135, während Bernd Krüger draußen nochmals checkt, ob ein Start gefahrlos möglich ist. Er hat neben seiner medizinischen Ausbildung auch eine Weiterbildung zum HEMS TC  (Helicopter Emergency Medical Services Technical Crew Member) absolviert, die ihn zu einer Art rechten Hand des Piloten macht.

Claudia Lossin prüft unterwegs die Einsatzdaten

 

Claudia Lossin sitzt in der zweiten Reihe mit dem Rücken zu ihren beiden Kollegen. So kann sie sich um die Patienten kümmern, die im Heck der Maschine Platz finden. Im Anflug zur Einsatzstelle geht sie kurz noch einmal die Informationen durch, die sie von der Einsatzzentrale erhalten hat: Verdacht auf einen Schlaganfall bei einem betagten Herren.

Zum Glück bewahrheitet sich der Verdacht vor Ort nicht. Lossin stellt eine Dehydrierung – sprich Wassermangel – bei dem Patienten fest. Nicht selten bei alten Menschen, die kein richtiges Durstgefühl mehr haben. Eine Infusion zeigt rasch Wirkung. Sie entscheidet, dass der Transport ins Krankenhaus von einem bereitstehenden Rettungswagen übernommen werden kann.

Häufig zusammen gesehen: Rettungshubschrauber und Krankenwagen

Zurück in Neustrelitz kommt beim Landemanöver der zweite Notruf herein – ein Krampfanfall wird gemeldet. Christoph 48 dreht zum Einsatzort ab – das Frühstück muss warten. Doch auch nach diesem Einsatz kommt bereits der nächste Auftrag. An diesem Vormittag wird die Crew die Luftrettungsstation nur noch kurz zum Nachtanken ansteuern. Insgesamt zu fünf Notfällen fliegt sie, bis es um halb zwei es wieder ruhiger wird. Der Frühstückstisch wird abgeräumt und ein improvisiertes Mittagsessen eingenommen. Wer weiß, wann der nächste Alarm die Mahlzeit unterbricht.

Der Rettungshubschrauber zieht bei Einsätzen die Blicke auf sich

„Jeder Tag ist anders. Man weiß morgens nie, was man erleben wird“, erklärt Eckert die Faszination aber auch die besondere Herausforderung an seinem Job. Dazu gehört es auch, im Einsatz mit Schicksalen konfrontiert zu werden, die einen trotz aller Routine und Professionalität nicht kalt lassen. „Ich hatte einen Einsatz in Süddeutschland, bei dem zwei Linienbusse mit Schülern an Bord frontal ineinander gerannt sind. Insgesamt vier Hubschrauber waren im Einsatz. An der Unfallstelle waren rund 60 Kinder, die zum Teil stark blutend und weinend rumgelaufen sind. Das vergisst man nicht. Wie durch ein Wunder wurde kein Kind tödlich verletzt. Ein Mädchen, das wir ins Krankenhaus brachten, hat uns später sogar einen Dankesbrief geschrieben.“

Nach schweren Einsätzen sind sich die Kollegen auch gegenseitig eine Stütze

Doch nicht alle Geschichten, die die Crew-Mitglieder erzählen, haben solch ein versöhnliches Ende. Die Erzählungen handeln von der Konfrontation mit dem zu frühen, sinnlosen Tod und der Begegnung mit Angehörigen, deren unbeschreiblicher Schmerz sich in die Retter bohrt. „Mich tröstet der Gedanke, dass wir es meistens schaffen, zu helfen. Ohne uns würde es noch mehr Leid geben“, erklärt „Ecki“, warum er nach solchen Erlebnissen wieder mit voller Motivation in den Hubschrauber steigt.

„Auch die Gespräche mit den Kollegen helfen, schlimme Erlebnisse zu verarbeiten. Doch wenn man direkt nach dem Einsatz merkt, dass es nicht mehr geht, kann die Crew sich auch abmelden. Da guckt einen auch keiner schief an“, ergänzt Krüger.

Neben der fachlichen Qualifikation bedarf es auch sozialer Kompetenz, um Luftretter zu sein: „Man kann als Mediziner noch so gut sein, doch ich muss auch Teamplayer sein. Wir müssen uns im Einsatz blind aufeinander verlassen können. Das macht gerade den Einsatz in der Luftrettung aus“, stellt die Notärztin Lossin klar.

Bernd Krüger, Claudia Lossin und Matthias Eckert vor Christoph 48

Text: Christian Hieff
Fotos:
Titelbild, Innenansicht Christoph 48, Bild vom Team: Christian Rödel
Alle übrigen Bilder: Christian Hieff