In Rostock-Laage üben angehende Piloten den sogenannten Instrumentenflug.  Es ist die letzte Station ihrer Ausbildung, bevor sie nach einer Typenschulung  Gäste in den Urlaub fliegen.

Die Nase des Übungsflugzeuges neigt sich gefährlich steil in den Himmel. Der Boden kippt unter den Seitenfenstern hinweg. Die Insassen werden aus dem Sitz gehoben und fast schwerelos nur noch von ihrem Gurt festgehalten. Einen unheimlichen Moment lang scheint die Maschine erst still zu stehen und dann rückwärts auf die Erde zu fallen. Genau rechtzeitig greift der Flugschüler Philipp Kirchner ein.

Auch starke Kurven gehören zur Übung

Routiniert behebt er die Gefahrensituation, die sein Fluglehrer Markus Welker zu Übungszwecken herbeigeführt hat. Der Flieger stabilisiert sich und alle werden in den Sitz gedrückt. Ein Gefühl wie in einer Achterbahn. Dieses Flugmanöver, das sich nose up nennt, ist eine von vielen Übungen, die Philipp heute bei seinem Trainingssflug absolviert. air work, wie die Aufgaben offiziell heißen, ist ein wichtiger Teil der Pilotenausbildung. Neben 45-Grad steilen Kurven und drohenden Strömungsabrissen wird während der Flugstunde auch der Ausgleich eines Triebwerksausfalls im Landeanflug geübt.

Unverzichtbar: Die Instrumente helfen beim Fliegen, auch wenn außen nichts zu sehen ist

Das wichtigste Element des heutigen Trainings ist jedoch der Instrumentenflug. Obwohl die Landschaft Mecklenburg-Vorpommerns unter der Propellermaschine vorbeizieht, darf Philipp nicht nach draußen schauen. Er verlässt sich allein auf die Anzeigen im Cockpit, die ihm Höhe und Ausrichtung der kleinen Propellermaschine zeigen. „Das ist wirklich schwierig“, erklärt Markus Welker, während sein Schüler die Diamond DA-42 für eine Landung auf dem Flugplatz Heringsdorf vorbereitet. „Rein nach Instrumenten zu fliegen, das können die Schüler erst im letzten Zehntel der Ausbildung“.

Insgesamt zwischen eineinhalb und zwei Jahren dauert es, bis angehende Piloten ihren Prüfungsflug absolvieren können. Zuvor wird über 200 Stunden trainiert, bei der Lufthansa Aviation Training zunächst auf Sicht in den USA, dann der Instrumentenflug in Rostock. Mit den neuen Maschinen ist das nun sogar auch bei eisigen Bedingungen möglich. Außerdem gilt es, eine mehrtägige schriftliche Prüfung in 14 Fächern zu bestehen, beispielsweise in Navigation und Luftrecht.

Über dem Flugplatz in Heringsdorf übt Phillipp eine Warteschleife
Fluglehrer Markus und Schüler Phillipp vor der Diamond DA-42

Bis zu Philipps praktischer und damit letzter Prüfung sind es nur noch zwei Wochen. Und das merkt man seinem Flugstil auch an: Routiniert und sicher absolviert er alle Elemente des zweistündigen Übungsfluges. Nach dem Landeanflug in Rostock-Laage, bei dem Philipp nach wie vor nur die Instrumente und die digitale Karte an Bord benutzen darf,  gibt es viel Lob vom Trainer. Zufrieden klettert er aus der Maschine. „Dass ich Pilot werden wollte, war ein schleichender Wunsch, der immer stärker wurde. Ich habe als Jugendlicher viel am PC daheim einen Flugsimulator gespielt und mich da von den kleinen Maschinen auf die großen vorgearbeitet. Da habe ich gemerkt, dass das meins ist“, erklärt er, während es zu Fuß zurück zum Terminal geht.

Nach seiner Prüfung muss sich Philipp noch für eine Fluggesellschaft der Lufthansa Group entscheiden. Die Auswahl ist groß: Piloten werden zurzeit stark gesucht. Entsprechend nimmt auch die Lufthansa Aviation Training gerne Bewerbungen an. Bevor es dann in einen großen Jet geht, muss er noch eine zweimonatige Schulung für das spezielle Modell absolvieren, dass er später fliegen wird.

Flugpark statt Fuhrpark: In Rostock stehen den Schülern diverse Maschinen zur Verfügung

Eine Maschine aus München nähert sich der Landebahn. Philipp schaut kurz auf den deutlich größeren Flieger. „Ich freue mich schon unwahrscheinlich darauf, dass es bald richtig losgeht. Und wenn ich dann meine erste Ansage für die Fluggäste machen kann, dann bin ich endgültig angekommen“.

Autor: Hans Pieper
Fotos: Hans Pieper, Christian Rödel