Wer bei Berlinale und Co. am roten Teppich aussteigt, bedarf keiner Vorstellung. Doch wer fährt die Promis eigentlich dort hin? Aus dem Alltag eines Chauffeurs in der Hauptstadt.


„Das wäre wohl Christiano Ronaldo“. Nach längerem Überlegen legt sich Hussein auf den portugiesischen Weltfußballer fest. Ihn würde der 29-Jährige gerne einmal auf der Rückbank seines Dienstfahrzeugs begrüßen. Doch Ronaldo wäre bei weitem nicht der erste Prominente, der zu Hussein ins Auto steigt. Als Chauffeur des Berliner Unternehmens Safedriver Rocvin, dem ehemaligen Bundestagsfahrdienst und heute Deutschlands größtem, privaten Limousinendienst, fährt er regelmäßig Stars aus Film, Fernsehen und Musik sowie bedeutende Geschäftsleute durch die Bundeshauptstadt.

Aus welcher Branche der nächste Fahrgast nun auch kommt, Unterschiede werden in seiner Behandlung nicht gemacht. Das betont Hussein gleich zu Beginn:
„Der Kunde ist König. Wir reden nur mit ihm, wenn er das möchte. Wir spielen die Musik, die er sich wünscht und stellen die Temperatur nach seinen Wünschen ein. Dazu gehört aber auch, dass jeder Fahrgast das Gefühl haben muss, als allererster in dieses Auto zu steigen“.

 

“Sonst können unsere Kunden auch Taxi fahren” | Hussein

Die Arbeit führt Hussein und seine Kollegen täglich zum Berliner Hauptbahnhof.

Für die Chauffeure des Limousinendienstes heißt dies vor allem eines: Waschen, putzen, aussaugen. Mehrmals täglich fahren sie, je nach Wetterlage, die hiesigen Waschanlagen an; und das mit zehn Jaguar I-Pace sowie einigen Mercedes E-, S- und V-Klassen. Ist alles auf Hochglanz poliert, führt der Weg den Chauffeur häufig in Richtung Flughafen Berlin-Schönefeld. „Man muss nur richtig hinschauen“, meint Hussein und zeigt auf die zahlreichen schwarzen Limousinen auf dem Parkplatz, teils von Rocvin teils aber auch von Konkurrenzunternehmen.

Der Markt für Limousinendienste ist umkämpft. Das zeigt sich auch innerhalb des Flughafens. Fahrer um Fahrer reiht sich an den Zugängen zur Ankunftshalle auf. „In unserer Branche kommt es auf die Details an. Sonst können unsere Kunden auch Taxi fahren“, erklärt Hussein und hebt abermals den Finger. Er zeigt auf eine vierköpfige Gruppe von Chauffeuren: „Der da hat keine Körperspannung, er schaut auf sein Handy und nicht nach seinen Kunden, der eine hat Jogginghosen an und die Dame hat kein Namensschild parat.“ Nur ein anderer Chauffeur hält Husseins kritischem Blick stand: Patrick, natürlich Husseins Kollege.

Der perfekte Job, wenn…

Seit über 30 Minuten steht der breit gebaute Ex-Soldat an der elektrischen Schiebetür. Seine Fahrgäste aus Istanbul müssen erst durch den Zoll. „Auch wenn es sicher ist, dass das hier noch einige Minuten dauern wird, kann ich mich nicht einfach hinsetzen.

Chauffeur sein bedeutet, nicht nur zu fahren, sondern auch zu jedem Zeitpunkt ansprechbar zu sein. Wir sind wie Assistenten für unsere Kunden“, erklärt der 47-Jährige.

Im Gegensatz zu Patrick fährt Hussein nicht mehr oft. Nach einigen Jahren als Chauffeur organisiert der Ronaldo-Fan heute vornehmlich die Fahrten seiner Kollegen: „Hinter dem Lenkrad zu sitzen, vermisse ich schon. Wir haben schicke Autos, fahren Menschen, mit denen man sonst nie in Kontakt gekommen wäre. Lässt man den Berliner Verkehr beiseite, ist das der perfekte Job, wenn man das Autofahren liebt.“

Text und Foto: Leon Strohmaier