Ein Ingenieur aus Hannover hat ein Klappradsystem erfunden. Das „Kwiggle-Bike“ wiegt etwa neun Kilo und lässt sich auf Handgepäckformat zusammenfalten.

Karsten Bettin ist auf dem Weg ins Büro. Er kommt aus der U-Bahn, sein Fahrrad trägt er unterm Arm. Sechs Handgriffe und keine zehn Sekunden später ist es „entfaltet“. Doch losfahren kann der 54-jährige nicht. Der Ingenieur aus Hannover hat das kompakteste Fahrrad der Welt erfunden und sorgt überall für Aufsehen. „Das passt in den Kofferraum“, sehen Ursel und Diethelm Pohl gleich. Sie suchen ein Rad für Ausflüge. „Mein Sohn pendelt ins Büro, das wäre was für ihn“, sagt Heinz Janssen und bittet Erfinder Bettin um eine Testfahrt: „Es tritt sich leicht, aber ungewohnt.“ Der Grund liegt in der besonderen Konstruktion des Kompakt-Rades: der Fahrer sitzt auf einem Sattel, der seitlich mitschwingt. Das stärkt die Becken-Muskulatur bei jedem Tritt. Die zweite Besonderheit: man fährt quasi im Stehen. Dadurch wirken größere Kräfte auf die Pedale, man erreicht leichter ein hohes Tempo. Die Idee für diese Art des Radfahrens kam Karsten Bettin, als er Radprofis bei der Tour de France beobachtete. Beim Endspurt saßen die nicht, sondern fuhren im Stehen.

Karsten Bettin, Erfinder des “Kwiggle-Bike”

„Mehr als die Hälfte aller Berufspendler legt, meist mit dem Auto, Wege von weniger als zehn Kilometer zurück,“ weiß Felix Goos, Verkehrsexperte des ADAC Niedersachsen/Sachsen-Anhalt: „Das Rad könnte Autofahrer zum Umsteigen motivieren. Es bietet Mobilität, die effizient und umweltfreundlich ist.“

Für Bahnpendler von Vorteil: man braucht keine Fahrkarte für das Rad. Es lässt sich unter dem Sitz im Zug verstauen. Das Rad ist „gefaltet“ so klein, dass es als Handgepäck im Flugzeug mitreist. Auch im Kleinwagen fährt das Kwiggle-Bike mit: In den Kofferraum passen vier Fahrräder.

“Ich fahre gern Fahrrad und packe Dinge klein zusammen – da musste so etwas dabei herauskommen”

Zehn Jahre hat Karsten Bettin gerechnet, gezeichnet, gebaut. Vor drei Jahren kündigte er sogar seinen Job, um sich nur noch um die Entwicklung seines Kwiggle-Bikes zu kümmern. Sechzig Patente hat Karsten Bettin international angemeldet, insgesamt 700.000 Euro Entwicklungskosten investiert. Bestellen kann man das Fahrrad per Internet: Kosten, je nach Ausstattung, etwa 1300,- Euro.

„Ich fahre leidenschaftlich gerne Rad und packe Dinge klein zusammen“, schmunzelt Karsten Bettin, „da musste so ein Fahrrad herauskommen.“ In seinem Büro denkt der Ingenieur schon einen Schritt weiter: Das kompakte Rad soll jetzt auch einen besonders kompakten Elektroantrieb bekommen.

Text & Foto: Stefan Radüg