Stufen und Kanten bedeuten für viele Rollstuhlfahrer das Ende ihres Weges. Die Wheelchairskater des Berliner Vereins Drop In e.V. sehen darin nur die nächste Herausforderung.

Ronja kommt an diesem Tag noch motivierter in die Skatehalle auf dem RAW-Gelände in Berlin-Friedrichshain. Vor wenigen Tagen war die 18-Jährige bei einem Skate-Contest in Dortmund und strich dabei den ersten Platz ein. Jetzt tauscht sie Cappie gegen Helm, klettert die Rampe hinauf, prescht sie wieder runter und setzt mit Tempo zum Sprung an. All das, obwohl oder gerade weil Ronja dabei seit zwei Jahren auf ihren Rollstuhl angewiesen ist.

Nachdem sie eine falsch behandelte Wachstumsstörung in den Rolli zwang, startete Ronja schnell im Rollstuhlbasketball durch und arbeitete sich in den erweiterten U25-Kader der deutschen Nationalmannschaft. Wheelchairskaten, kurz WCMX, lernte die Nachwuchssportlerin eher zufällig durch ein Show-Training von Deutschlands erstem WCMX-Profi David Lebusa kennen, das der Berliner Verein Drop In e.V. organisiert hatte.

Jonte sitzt seit 2018 im Rollstuhl. Durch das WCMX-Training muss der gebürtige Kieler Treppen und Hänge nicht mehr umfahren.

Lernen, wieder aufzustehen

„Es geht um Inklusion, aber auch um alltägliche Herausforderungen der Rollstuhlfahrer“, erklärt Linda Ritterhoff, Projektinitiatorin im Drop In e.V. und stellt eines dabei klar: „Die Teilnehmer sollen lernen, wieder aufzustehen. Wenn jemand fällt, geben wir ihm die Zeit und den Raum, es selbst wieder hoch zu schaffen.“

Jemand, der gefallen ist und es wieder hoch geschafft hat, ist der 24-Jährige Jonte. Seit einem Unfall am 1. Mai 2018 ist der gebürtige Kieler vom Brustbein abwärts gelähmt. Nach seiner Rekonvaleszenz in der Heimat wohnt Jonte, trotz Einspruchs seiner Eltern, nun wieder in der Hauptstadt. WCMX, so betont der frühere BMX-Fahrer, bedeutet neben Spaß auch die Chance, den Alltag auf eigene Faust zu bewältigen: „Es ist ungemein wichtig, was ich hier lerne, um mein Gleichgewicht mit und im Rollstuhl zu halten. Größere Kanten, sogar Treppen sind nicht mehr unüberwindbar.“

Berlin? Es geht auch schlechter

Berlin beschreibt das Nordlicht zwar als „relativ“ barrierefrei, dennoch sieht der WCMX-Neuling hier Nachholbedarf: „Die Einstiege in die Ringbahn und Straßenbahn, aber auch in ältere U-Bahnen wie die auf der U2 sind für mich noch zu hoch. Daran muss ich arbeiten.“ Hierzu bietet der Drop In e.V. die idealen Möglichkeiten – für Jonte, aber auch für alle anderen interessierten Rollstuhlfahrer. Das kostenfreie Angebot findet jeden zweiten Montag statt und ist auch ohne Mitgliedschaft zugänglich.

Weitere Infos zu Drop In e.V. und zu seinem WCMX-Angebot finden Sie auf dropin-ev.de. 

Text: Leon Strohmaier

Fotos: Leon Strohmaier