In Rövershagen bei Rostock steht das kleinste Eishotel der Welt. Wer es sich traut, kann dort wie der berühmteste Polarbewohner bei arktischer Kälte schlafen.

Alle Geschenke sind eingepackt und verladen, die Rentiere gefüttert und im Stall sicher eingeschlossen. Vor seiner großen Tour um die Welt will sich der Weihnachtsmann noch einmal ein paar Stunden Schlaf gönnen. Also zieht er sich in sein arktisches Zuhause zurück und mummelt sich in seinen Schlafsack ein, bis nur noch sein weißer Bart herausschaut. So habe ich mir das als Kind immer vorgestellt. Aber wie fühlt sich das an, bei Minusgraden eine Nacht zu verbringen? In der Eiswelt auf dem Gelände der Karls Erlebniswelt finde ich es heraus.

In einem kleinen Haus aus festem Schnee liegen für mich auf einem Eisblock eine Isomatte, ein kälteresistenter Schlafsack und ein Kissen bereit. Mein Atem steigt in Rauchwolken auf, während ich mich weiter im Zimmer umsehe. Eine Stalllampe mit LED sorgt für etwas Licht. Auf der anderen Seite gibt es sogar einen Kamin – der aber leider ebenso kalt ist, wie der Rest der Umgebung.

Ich gehe nach draußen. Um meine Sicherheit muss ich mir schon einmal keine Sorgen machen: Zwei mit Eisspeeren bewaffnete, durchsichtige Wächter halten vor meinem Zimmer aufmerksam Ausschau nach eventuellen Eindringlingen. Bevor ich mich ins Bett lege, will ich mir in einem Wärmeraum am anderen Ende der Eiswelt ausreichend Winterspeck anfuttern.

Auf dem Weg dorthin betrachte ich in der spärlichen Nachtbeleuchtung die beeindruckenden Eisskulpturen, die hier ausgestellt sind. Große Gebäude säumen den Weg, ich durchschreite ein massives Portal. Ein lebensgroßer Käpt‘n Ahab macht in einem kleinen Boot Jagd auf Moby Dick. Weit hat er es nicht: Nach einer Kurve entdecke ich den riesige Wal, der einen Großteil der Halle einzunehmen scheint und mich angrinst. Neben einer Eisbar finde ich die Tür ins Warme.

Nach einem leckeren Abendbrot wird es dann ernst. Ich ziehe mich warm an, setze eine Mütze auf und greife nach den Handschuhen. Dann mache ich mich auf den Weg, vorbei an den Eisskulpturen, in mein kleines Hotel. Ganz tief im Schlafsack vergraben und mit einem Schal über Mund und Nase wird mir langsam wärmer. Und ehe ich es mich versehe, bin ich eingeschlafen.

 

Das Eishotel kommt gut an: Fast 200 Übernachtungen wurden seit der Eröffnung absolviert. Der Erfolg ist so groß, dass die Karls Erlebniswelt nach der traditionellen Umgestaltung im Dezember gleich zwei neue Zimmer einbauen möchte. Dann können die wagemutigen Gäste auf dem Weg ins Bett Eisskulpturen zum Thema „800 Jahre Rostock“ in Augenschein nehmen. Auch dann werden wieder an die 200 Tonnen Schnee verbaut.

Am nächsten Morgen fällt das Aufstehen schwerer als sonst: Die Kälte vor dem Weg zur warmen Dusche ist eine kleine Herausforderung. Doch es heißt: Raus aus den Schneeflocken! Denn in einer halben Stunde wird die Ausstellung für die normalen Tagesgäste geöffnet. Aber immerhin muss ich nicht in einem Affenzahn um die Welt hetzen, um Millionen von Geschenken zu verteilen.

Mehr zum Eishotel Rövershagen auf der offiziellen Webseite.

 

Text: Hans Pieper
Titelbild und letztes Bild: Karls Erlebnisdorf Rövershagen
Alle übrigen Bilder: Hans Pieper